Autor Thema: Polytechnisches Journal: Elektrische Bergbahn Bahnhof Gmunden – Stadt Gmunden  (Gelesen 7880 mal)

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Tatra83

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Unter Creative Commons BY-NC-SA 3.0 veröffentlicht die Humboldt-Universität Berlin das digitalisierte Polytechnische Journal. Im Band 303 von 1897 wird u.a. über die Gmundner Straßenbahn berichtet:

Zitat
Gelegentlich einer näheren Schilderung der elektrischen Zürichbergbahn (vgl. 1896 301 * 85) wurde an dieser Stelle hervorgehoben, dass sich der elektrische Betrieb für Strassenbahnen mit aussergewöhnlich starken Steigungen ganz besonders zu bewähren scheint. Ein beredtes Beispiel dafür ist unter anderen auch die in der Ueberschrift benannte, den Verkehr zwischen der Stadt Gmunden und dem beträchtlich tiefer liegenden Bahnhof vermittelnde, vorläufig 2600 m lange, eingleisige Localbahn, welche seit 13. August 1894 eröffnet ist und deren Betrieb trotz der sehr ungleichen Inanspruchnahme, der schwierigen Tracenverhältnisse und des in den Alpen so rauhen, verflossenes Jahr besonders schnee- und sturmreichen Winters seither auch nicht die geringste Störung erlitten hat. Die Gefällsverhältnisse sind daselbst noch wesentlich ungünstiger als auf der 70 ‰ Maximalsteigung aufweisenden Zürichbergbahn, da auf der Gmundner-Bahn die in einer Streckenlänge von 350 m – d. s. 13,5 Proc. der Gesammtlänge – vorhandene höchste Steigung 94 ‰ beträgt. Dagegen zeigen sich die Bögen günstiger, indem die schärfsten 40 m Radius haben, während auf der Zürichbergbahn Bögen mit nur 16 m Radius vorkommen. Die Spurweite beträgt auf beiden Bahnen 1 m. Zwischen den beiden Endstationen der Gmundner Localbahn befinden sich sieben Haltestellen und in der Streckenmitte eine Ausweiche, welche sämmtlich im Gefälle liegen; nur die beiden Endstationen „Rudolfsbahnhof“ und „Rathhausplatz“ liegen in der Horizontalen, welche im ganzen Verlaufe der Linie überhaupt nur innerhalb einer Gesammtlänge von 287 m vorkommt. Das Gleis ist theilweise in den Körper der vorhanden gewesenen, alten Bahnhofzufuhrstrasse, theilweise auf neuen Unterbau verlegt und besteht ausserhalb der Stadt aus Vignol-Schienen von 21,1 k Gewicht für das laufende Meter, welche auf starken, in guten Kies gebetteten eichenen Querschwellen mit Haken und Platten befestigt sind. Eiserne Querstangen verbinden die beiden Schienenstränge und versteifen das Gleis. Innerhalb der städtischen Strassen werden in der gewöhnlichen Weise ausschliesslich Phönix-Schienen von 33,6 k Gewicht für das laufende Meter verwendet. Da für die nach dem Trolley-System eingerichtete Stromzuführung das Fahrgleis als Rückleitung benutzt wird, sind die Schienen zur Sicherung ihrer Leitungsfähigkeit an den Stössen noch durch angepresste Kupferstreifen in besondere leitende Verbindung gebracht. Die aus hartgezogenem Kupfer bestehende Contactleitung hat einen Durchmesser von 8,25 mm, d.h. einen Querschnitt von 53,5 qmm, und besitzt eine Bruchfestigkeit von 2140 k; sie hängt 5,5 m über Schienenoberkante auf Auslegern, welche innerhalb des Stadtgebietes von schmiedeeisernen, ausserhalb desselben von hölzernen, durchschnittlich 35 m von einander entfernten Masten getragen werden. Oberhalb der auf der Strecke bei der Ausweichstelle und bei der Wagenremise vorhandenen Gleisweichen sind auch in der Contactleitung „Luftweichen“ eingefügt. Eine zweite Kupferdrahtleitung, welche denselben Querschnitt besitzt wie die Contactleitung, aber direct auf den Leitungsmasten angebracht ist, dient als Speiseleitung. Die Stromzuführung erfolgt in zwei getrennten Kreisen, zu welchem Zwecke bei dem 800 m vom Anfangspunkte „Bahnhof Gmunden“ entfernten, knapp an der Bahn liegenden Maschinenhaus der Kraftstation die Contactleitung nebst Speiseleitung durch einen sogen. Sectionsunterbrecher getrennt und jeder Theil für sich mit einem besonderen Anschluss zu den Dynamomaschinen versehen ist. Bei Eintritt einer Leitungsstörung bleibt sonach mindestens die Betriebsfähigkeit des zweiten Streckentheiles gesichert.

Von der Contactleitung wird der Strom für die Motorwagen mittels einer Nuthenrolle aus Phosphorbronze abgenommen, welche von einer am Wagendache angebrachten schrägen Stütze getragen und durch ein von Spiralfedern aufwärts gedrücktes, dünnes Stahlrohr fest gegen die Kupferleitung gepresst wird. Die Wagen haben zwei Achsen mit Laufrädern von 780 mm Durchmesser und |67| jede der beiden Achsen ist mit einem Motor von 20  versehen, der einerseits federnd am Wagengestelle bangt, andererseits auf der zugehörigen Radachse lagert. Der dichte Verschluss im Stahlgussgehäuse, die sonstige allgemeine Anordnung, sowie irisbesondere die Uebertragung mittels genau gefräster, in Oel laufender Zahnräder ist ähnlich einfach und exact wie bei den bekannten Kummer'schen oder Oerlikon'schen Wagenmotoren.

Je eine Schaltvorrichtung, welche dazu dient, die Fahrgeschwindigkeit zu regeln, die Fahrtrichtung zu steuern, gleichwie die beiden Motoren des Wagens ein- und aus- und ersterenfalls hinter einander oder parallel zu schalten, ist zu Händen des Wagenführers auf den beiden Plattformen angebracht. Für diese beiden Schaltvorrichtungen steht nur eine abnehmbare Kurbel zur Verfügung. Eine Stromschleife besorgt bei Dunkelheit die Wagenbeleuchtung mittels fünf Glühlampen zu je 16 N.-K. Nach den bisherigen Feststellungen betragen die durch die Leitung verursachten Spannungsverluste, wenn zwei Wagen sich gleichzeitig auf der Bergfahrt befinden, im Maximum 10 Proc. Mit Rücksicht auf die Gefällsverhältnisse sind die Motorwagen mit zwei sehr kräftig wirkenden mechanischen Bremsen ausgerüstet, wovon die erstere eine Kettenbremse mit doppelter Hebelübersetzung und die zweite eine gewöhnliche Hebelbremse ist; jede von ihnen wirkt auf vier Bremspunkte, so dass bei Anwendung beider Bremsen an den Spurkränzen der Laufräder acht Hemmklötze in Thätigkeit treten. Als äusserstes Mittel in aussergewohnlichen, gefährlichen Fällen kann der Wagenführer zur Unterstützung des Bremsens auch noch die Stromwendung in der Schaltvorrichtung anwenden, was sich mittels eines einzigen Handgriffes bewerkstelligen lässt. Dass auch sicher arbeitende Sandstreuvorrichtungen beigegeben sind, ist selbstverständlich. Sowohl für die Thal- als für die Bergfahrt gelten 8 km in der Stunde als erlaubte Maximalgeschwindigkeit. Die geräumigen, bequemen Wagen dienen entweder ausschliesslich nur der Personenbeförderung oder haben auch eine besondere Abtheilung für Gepäck und Güter; ersterenfalls enthalten sie 24 Sitz- und 12 Stehplätze, nehmen aber bei grossem Andrang wohl auch 50 und mehr Fahrgäste auf. Der Radstand beträgt in Berücksichtigung der scharfen Krümmungen der Bahn nur 2 m.

Unter den am Schaltbrett in der Kraftstation angebrachten, im Allgemeinen den gewöhnlichen Anordnungen entsprechenden Nebenapparaten sind als abweichend die Umschalter der Magnetstromwiderstände anzuführen, welche ganz funkenlos arbeiten, und zwei Unterbrecher für die beiden Stromführungskreise, welche bei gefährlichem Ansteigen des Stromes, z.B. bei einem Kurzschluss zwischen Contact- oder Speiseleitung und der Rückleitung, selbstthätig in Wirksamkeit treten.

Vorläufig werden zur Stromerzeugung im regulären Betriebe nur zwei zweipolige, von je einer Dampfmaschine durch directe Riemenübertragung angetriebene, je 30000 Watt leistende Dynamomaschinen benutzt, welche in der Minute 650 Umdrehungen machen, wobei sie im Leerlauf 500 Volt, bei Vollbelastung 550 Volt Spannung aufweisen. Letztere steigert sich vermöge der gewählten Verbundwickelung mit der zunehmenden Stromstärke und bei Vollbelastung bis um 10 Proc. wodurch der weiter oben erwähnte maximale Spannungsverlust in der Leitung aufgewogen wird. Die mit selbsthätiger Ringschmierung und mit funkenlos arbeitenden Kohlenbürsten versehenen Dynamomaschinen werden behufs möglichst gleichmässiger Vertheilung ihrer Leistungen am Schaltbrett parallel geschaltet; auch sind ihre Hauptstrommagnetspulen durch Ausgleichleitungen verbunden. Die zwei zugehörigen Dampfmotoren sind wagerecht angeordnete Eincylinder-Auspuffmaschinen der Bauart Armington-Sims mit Kolbenschiebersteuerung und – bei 170 Umgängen in der Minute – mit einer Leistung von je 40 , die übrigens bis auf 50  gesteigert werden kann; sehr kräftig gebaut, haben sie auch je zwei sehr schwere Schwungräder, wovon das eine zugleich als Riemenscheibe dient, während das zweite einen Federregulator trägt. Die den erforderlichen Dampf liefernden zwei Babcock-Wilcox-Kessel arbeiten mit 8 at Ueberdruck und besitzen je 43 qm Heizfläche. In dem 70 qm grossen Kesselraum ist gleichwie in dem mit 90 qm bemessenen Maschinenraum noch reichlich Platz für eine Vermehrung der Anlage verfügbar. Die betreffenden, aus Ziegel- und Bruchsteinmauerwerk hergestellten Baulichkeiten umfassen gleichzeitig auch eine Wagenremise und Wohnungen für die Bediensteten; für die Arbeitsräume stehen 25 in Serien von 5 Stück angeordnete Glühlampen zu je 16 N.-K. in Verwendung.

Geliefert wurden Dampfmaschinen und Kessel von der Ersten Brünner Maschinenfabriks-Gesellschaft, die Wagen von Rohrbacher in Ober-Sanct-Veit (Wien) und die elektrische Einrichtung von B. Egger und Co. in Wien; die bauliche Ausführung haben jedoch die Concessionäre Stern und Kafferl selber besorgt. Diese Arbeiten sind erst im April 1894 begonnen und trotz mancherlei Schwierigkeiten, die sich bei der Herstellung von Einschnitten und Anschüttungen ergeben hatten, innerhalb kaum 4 Monaten fertig gestellt worden. Was die Energiebeschaffung anbelangt, stehen die Verhältnisse in Gmunden wesentlich günstiger als für die Zürichbergbahn, da gute Kohlen ziemlich nahe zu beschaffen und leicht zuzuführen sind; ein Anlass, zu besonderen Hilfsmitteln zu greifen, wie etwa zur Errichtung einer Dowson'schen Generatorgasmotorenanlage, lag also nicht vor. Schade, dass die österreichische Zeitschrift für Elektrotechnik, Bd. 14 S. 673, der wir die vorstehenden Daten entnommen haben, nicht auch über die Anschaffungs- und Betriebskosten nähere Mittheilungen bringt; es wäre immerhin von Interesse, bezügliche Ziffern mit jenen verwandter Anlagen in Vergleich ziehen zu können.

Quelle: http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj303/ar303018
Und ich dachte, mit der Straßenbahn bin ich schneller als zu Fuß.