Das Spannende an Stettin ist ja gerade, dass es eine ganz erfreulich ampel
arme Stadt ist; die meisten Kreisverkehre funktionieren ungeregelt mit dem üblichen, ausdrücklich ausgeschilderten Nachrang für sich dem Kreisverkehr nähernde Fahrzeuge – was in praxi bedeutet, dass die Straßenbahnen nicht selten dennoch als übergeordnetes Verkehrsmittel wahrgenommen werden, und trotz Nachranges zügig passieren können. So auch zum Beispiel an der Riesenverzweigung Kołłątaja – wo's gegen Ende meines Aufenthaltes massiv gepascht hat (Auto offenbar Totalschaden, Straßenbahn angeditscht); eine halbe Stunde ziemliches Chaos rund um das Rondo Giedroycia mit jeweils zwei Kursen des 3ers und 10ers zum Bahnhof Niebuszewo umgeleitet, dann war aufgeräumt, und alle Straßenbahnen fuhren wieder wie ausgeschildert mit Niederflurkursen dort, wo angekündigt.
Wenn wir beim Thema Ampelanlagen sind: Wie in polnischen Städten üblich, gibt es gerade in Innenstadtnähe als Gegenstück zur sonstigen Ampelarmut auch in Stettin Kreuzungen, deren Passage (anders als bei den Beispielen des vorigen Beitrags) dem Fahrgast einen ganzen Haufen Geduld abverlangen – das trifft insbesondere auf die vier Eckpfeiler der beiden zentrumsnahen Ost-West- und Nord-Süd-Passagen zu, plus dem Plac Żołnierza Polskiego: Dort zeigen LED-Anzeigen die Zeit bis zur nächsten Grünphase in Sekunden an, und dass sie diese drei Ziffern anzuzeigen vermögen, ist keine Überdimensionierung
Immerhin ist es in Polen üblich, die Fahrzeiten zwischen den Haltestellen auf der aktuellen Linie auch im Fahrzeug auszuschildern, und so steht dort im Bereich der fünf kritischen Innenstadtkreuzungen jeweils typischerweise ein Dreier, wo anderswo auch bei viel längeren Haltestellenabständen nur mit einer Minute Fahrzeit zu rechnen ist.
Einer der zentralen ÖPNV-Knoten, und einer der zitierten Eckpfeiler, ist der Plac Rodła, wo sieben der zwölf Stettiner Straßenbahnlinien vorbeikommen; hier ist die Tatra-Traktion 207+208 an diesem Platz zu sehen, es ist der 23. Mai morgens.