Deshalb bin ich auch offener gegenüber dem U-Bahn-Bau als noch vor 15, 20 Jahren - da war ich nämlich wahrlich kein Freund der Berliner U5-Verlängerung. Und was soll ich sagen? Nun ist sie fertig, und gerade zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor eher überfüllt als zu leer. (und die parallele S-Bahn kann sich auch nicht über Fahrgastmangel beklagen). Davon gehe ich bei der U2 zumindest bis zum Matzleinsdorfer Platz auch aus, bei der weiteren Verlängerung zum Wienerberg und dem westlichen U5-Abschnitt bin ich etwas skeptischer (was nicht heißt, dass ich grundsätzlich dagegen bin, eher noch nicht überzeugt).
Die U2 auf den Wienerberg ist sinnvoll, weil es zwischen Bhf. Meidling und altem Landgut kein hochrangiges Verkehrsmittel gibt. Trotz zweier fetter Ausfallsstraßen (Triester, Laxenburger) und der Neilreichgasse. Gäbe es die Nachfrage nicht, würden zur Wienerberg City nicht 5 (!) Buslinien fahren und in der Nähe auch noch der 1er. Außerdem tut dem bevölkerungsreichsten Bezirk der Stadt eine zweite U-Bahn nicht weh. Auch der 21. und 22. haben zwei U-Bahn-Linien trotz weniger Einwohner.
Nicht alle Verkehrsaufgaben dieser Buslinien werden aber von der U2 übernommen. 7A und 15A bedienen eher tangentiale Verkehrsströme (aktuell deshalb ein paar radiale, weil im unmittelbaren Bereich der Wienerbergcity eine Radiale fehlt und sie als Zubringer zu U1 und Stammstrecke dienen), 7A und 65A lokale (Verbindung ins Bezirkszentrum am Reumannplatz), 63A stellt die Verbindung ins Meidlinger Zentrum her. Bei all dem hilft die U2 erstmal nicht viel.
Der 1er ist in diesem Bereich eher mäßig ausgelastet, wobei ich davon ausgehe, dass die Nachfrage mit Eröffnung des ersten U2-Abschnitts zum Matzleinsdorfer Platz spürbar steigt.
Die bloße Einwohnerzahl der Bezirke sagt außerdem erstmal recht wenig über die Notwendigkeit einer U-Bahn aus, relevant sind Siedlungsstruktur und Verkehrsströme entlang der geplanten Trasse. Auch die Zahl der U-Bahn-Linien ist nebensächlich, man kann mit einer Linie mehr Stationen bedienen als mit zwei - was übrigens beim Vergleich des 10. und 21 Bezirks auch der Fall ist: im 10. Bezirk gibt es mehr U-Bahn-Stationen (7) als im 21. (5).
Und letztlich geht es um das Verhältnis von Aufwand und Nutzen. Man hat zwar nun eine Trasse gewählt, die ihre Stationen an den Aufkommensschwerpunkten hat und bestenfalls durch die neue Führung des O-Wagens "gefüttert" wird, aber auch durch ihre durchgehende unterirdische Führung besonders teuer ist. Aber genau dieser hohe Aufwand gebietet es, dass die Züge ganztägig gut gefüllt sein sollten, nicht nur in der Hauptverkehrszeit - und da bin ich doch etwas skeptisch.