Wie gesagt wurde ich eingeladen an der Ausstellung mitzuarbeiten, hier mein kleiner Text, den ich dorthin liefere.
Die wiedergefundene Stadt
Die Städte der Welt stehen vor einer Veränderung. Man hat erkannt, dass höhere Geschwindigkeit nicht Zeit
spart, sondern Wege verlängert. Das Konzept der autogerechten Stadt ist gescheitert, ihre Strukturen
führten nicht zu mehr Freiheit, sondern zu mehr Zwang: zu früher nicht notwendiger Mobilität. Platz zum
Fortkommen statt Platz zum Hierbleiben – das war das Dogma des 20. Jahrhunderts. Dass es eine Änderung
braucht, hat man fast überall verstanden; der öffentliche Verkehr wird in ganz Europa ausgebaut. Es ist aber
ein ständiges „Mehr desselben“: mehr Kapazität, höhere Geschwindigkeit, damit weiter wachsende
Distanzen.
Es blieb Frankreich vorbehalten, die Stadt neu zu denken – als lebendigen Organismus, nicht als
technokratische Struktur von Verkehrssystemen. Im deutschsprachigen Raum ist die Straßenbahn nichts
Neues, die großen Netze seit vielen Jahrzehnten in Betrieb. Gerade diese Kontinuität verhindert aber die
Neuerfindung. Frankreich ist weiter – weil man an den Anfang zurück musste. Städte waren immer Ort der
Begegnung, nicht des schnellen Transits – und der französische Urbanismus erfand ein Verkehrsmittel neu,
das die Qualität des Aufenthalts zurückbringt.
Die neue Schule des französischen Städtebaus hat die Stadt in ihrer ganzen Schönheit und Magie
wiederentdeckt. In der globalisierten Vereinheitlichung wurden die Metropolen wieder individuell
erkennbar, mit liebevollen Details und unverwechselbaren Design. Im Mittelpunkt der Reurbanisierung steht
nun der Mensch mit seinen Bedürfnissen nach Ruhe, nach Schönheit und Harmonie. Die neuen Tramways
ordnen sich dem unter und wirken gerade deswegen so charmant; mit ihnen hat die Stadt ihre Sinnlichkeit
wiederentdeckt. Die Zentren sind wieder „Territorium der Hochwertigkeit“ geworden, die Straßenoberfläche
ist wieder die „dritte Fassade“ zwischen den Häuserfronten; in den äußeren Bereichen hat die Straßenbahn
mit ihren grünen Gleisen den Menschen einen Park gebracht. Überall in Frankreich spürt man den Willen, die
Menschen zu bezaubern, zu inspirieren, zu erfreuen. Das sind die wirklichen Werte, die Aufgaben der Stadt
von morgen: den Menschen das Umfeld zu geben, in dem sie sich wohl fühlen, in dem sie ihre Kreativität,
Phantasie, Kraft entfalten können.