Die Fahrt zum Flughafen Danzig via Brętowo mit der Neubaustrecke des 10er plus Neubaustrecke der PKM ist höchst empfehlenswert, aus mehrerlei Hinsicht: Insbesondere die Verknüpfung in Brętowo selbst ist außerordentlich gelungen; darüber hinaus spart man sich, befindet man sich schon westlich des Zentrums, die Fahrt durch selbiges. So sitz' ich nun zwecks Umsteigens in Warschau und sortiere die Fotos weiter durch.
Vor dem nächsten Foto wieder einmal, zumal heute schon wieder eine Richtungswahl in einem europäischen Schlüsselland ansteht, ein flammender Appell. Ohne ein internationales Arbeitsumfeld, das ich nie wieder missen möchte, wäre ich in meinem Leben wohl nie nach Polen gekommen; genausowenig wie in die meisten anderen Länder nördlich, südlich und östlich von Ostösterreich. Doch wie provinziell, wie kleinbürgerlich ist es doch, seinen Horizont auf Wien und Umgebung zu beschränken. Österreich? Ein wunderbares, einzigartig schönes, kleines Puzzleteilchen in einem bunten Europa. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Lokalbewusstsein ist großartig, wichtig und schafft notwendige Wurzeln. Der Blick über den Tellerrand hingegen sorgt für den ebenso essentiellen Weitblick und das darüber hinaus gehende Verständnis des anderen. Wie überall in Gegenden, die in junger Vergangenheit geschichtlich stürmisch-wechselhafte Epochen erlebt haben, möge Danzig ein Symbol dafür sein, dass die Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen europäischen Staat im täglichen Leben nach wie vor gewiss Auswirkungen hat – in einem Europa der offenen Grenzen, der Zusammenarbeit, der Durchlässigkeit, vor allem aber der Freiheit aber diese Auswirkungen den Charakter des unüberwindbaren Schraubstocks mehr und mehr verliert, in dem man vor noch nicht langer Zeit nolens volens eingesperrt war.
Als jemand, der noch in einem grauen, provinziellen, kleinbürgerlichen, miefigen und vor allem engen Wien am Ende der Welt aufwuchs – wohin sollte man denn von hier, aus dem Westen kommend, noch weiter hin gelangen? –; als so jemand möchte ich NIE wieder in einem Europa leben, wohnen und arbeiten, wo ich nicht die Möglichkeit habe, mich über den eigenen Schrebergarten hinaus entfalten zu können. Beides probiert, kein Vergleich. Vor geschichtlichem Hintergrund ist der Blick auf Danzig so beklemmend wie befreiend. Das erste war einmal, das zweite liegt vor uns.
So, das musste jetzt 'raus, sonst wird mir beim Gedanken an all die nationalen Rattenfänger, die bloß mögliche Gefahren aufbauschen statt all die unermesslichen Chancen herauszustreichen, das Hirn sauer. Zurück nach Danzig: Eine Aufnahme aus sonnigerer Zeit mit ähnlichem Sujet wird später nochmals kommen – hier einmal ein Blick auf Freitag, spätmittags, quasi dichtester Verkehr. Die Relation zwischen MIV und ÖPNV deutete bei so einem Bild eigentlich für einen Zwang zur Benützung von Letzterem hin – doch weit gefehlt; gerade in marktorientierten Zeiten freier Wahl fand ich's in Danzig sehr beeindruckend, wie viele Leute zu jeder Zeit Straßenbahn fahren, wo einem zugleich das Autofahren bei solchen Straßen mit autofreundlicher Ampelsteuerung immer noch äußerst schmackhaft gemacht wird.
Zu sehen ist Pesa Swing 1034 «Jakub Teodor Klein» auf Linie 7 über Dworzec PKS nach Łostowice, Świętokrzyska (Schönfeld, Heiligkreuzer Straße) vor der Haltestelle Traugutta in der Aleja Zwycięstwa, sprich, der Großen Allee.